Alles eine Frage der Taktik?!
Nach zwei Jahren Pandemie und Klimakrise galore, jetzt also auch noch Krieg in Europa. Da liegen auch beim kühlsten Typen die Nerven blank und die Emotionen kommen ein bisschen roher daher. Ich hör von Freunden, die ohne merkbaren Auslöser das erste Tränchen seit den späten 90er verdrücken.
Nur zähl ich halt nicht grad zu den kühlen Typen. Bei mir kommen alle Emotionen fast immer ungefiltert und ich kann damit sonst auch gut umgehen.
Plötzlich arbeite ich auch noch ganz nah mit geflüchteten Menschen aus der Ukraine und das nimmt mich ganz schön her. Das Schwierige daran für mich ist nicht nur, dass ich meinen Emotionen am Arbeitsplatz dann doch nicht so freien Lauf lassen kann, sondern vor allem, dass ich in einer Position bin, die Sicherheit und Zuversicht vermitteln kann und muss.
Ich sehe Kinder, die im Tutu rumrennen und lustig spielen und denke mir „gut, dass Du noch nicht verstehst was hier passiert“. Dann treff ich höfliche, geduldige Mütter, die seit Stunden darauf warten an die Reihe zu kommen ohne zu wissen, wie es für sie weitergeht und bin tiefbeeindruckt von der menschlichen Größe.
Gefühlt alle 2min schluck ich einen dicken Knoten im Hals runter. Aber ich bin hier die letzte die ihre Emotionen rauslassen darf.
Ich hab also eine Taktik entwickelt: Am Weg zurück in mein Büro komm ich durch ein „geheimes“ Stiegenhaus. Das ist seit gestern mein Heulplatzerl… 20 Stufen heulen – alles rauslassen! Und sobald ich oben bin, Krone richten und weitergehts.
Am Heimweg noch laut mit dem Autoradio mitgesungen und sobald ich daheim bin ist der Tag so gut wie verdaut.
Jeder hier hat seine eigene Taktik! Das ist notwendig und gut so. Wir alle brauchen Kanäle für unsere Emotionen, gerade, wenn sie uns mit ihrer Rohheit überraschen…
Was ist Deine Taktik?